Wir fuhren über Nacht in das Bundesland Punjab. Ziel
war der heiligste Pilgerort der Sikhs, der Goldene Tempel! Vorab eine kurze
Beschreibung der Sikh-Religion.
Der Sikhismus wurde durch den Wanderguru Nanak im 1500
Jh. Begründet und durch seine 9 nachfolgenden Gurus geprägt. Er hinterfragte
den hinduistischen Glauben und war eine Art Reformator. In seiner neuen
Glaubensrichtung schaffte er z.B. das Kastensystem ab und fügte durch reisen
gewonnene Islamische Einflüsse, wie die Bildlosigkeit und den Monotheismus seiner
neuen Religion bei. Dadurch dass es kein Kastensystem gibt und jeder die Möglichkeit
hat zu dieser Religion zu konvertieren, bietet diese Religion vielen Hindus die
Möglichkeit aus Ihrem reingeborenen bestimmten Leben zu fliehen. Viele Sikhs
haben es dadurch zu Wohlstand gebracht was leider auch zu Neid und Verfolgung
führte.
Für die Sikh gibt es ein paar Regel bezüglich
Kleidung, Namensgebung und Auftreten woran man Sie sofort erkennt. Sie tragen ungeschnittenes
Haar das sie meist unter einem kunstvoll gebundenen Turban verbergen.
Als Zeichen dafür, dass die Sikh Arme, Schwache und Unschuldige verteidigen
trägt jeder einen Dolch oder Säbel mit sich und einen Armreif der ursprünglich
zum Schutz gegen Schwerthiebe getragen wurde heute aber als Zeichen der
Gemeinschaft gilt. Wer noch mehr wissen möchte findet z.B. bei Wikipedia einen
umfangreichen Eintrag zu dieser Glaubensrichtung.
Wir kamen am Amritsar Busbahnhof an. Wir hatten gehört,
dass die Sikh den Pilgern und Besuchern ihrer heiligsten Stätte kostenfrei einen
Schlafplatz anbieten. Mit einer Fahrrad Rikscha ging es zum Tempel. Tatsächlich
leiteten uns die freundlichen Menschen direkt in ein Gebäude aus dem zahlreiche
Menschen strömten. Für Ausländische Touristen gab es sogar mehrere separierte
Schlafsäle die durch einen mit Speer bewaffneten Wächter gesichert wurden. In
dem größten Schlafsaal schliefen die Besucher schon auf dem Boden da es so voll
war. Wir aber hatten Glück eine Familie die packte gerade ihr Zeug zusammen und
wir konnten direkt in ein kleines 3-Mann Zimmer einziehen.
Gleich darauf machten wir uns das erste Mal auf, uns
den Tempel aus der Nähe anzusehen. Als erstes wird man gebeten seinen Kopf zu
bedecken, dann geht es durch ein kleines Wasserbecken in dem man sich die Füße
wäscht, anschließend durch einen großen imposanten Torbogen und schon steht man
vor einem großen, rechteckigen See in dessen Mitte, einer Insel gleich, glänzend
der goldene Tempel thront. Die Insel ist über einen Steg zu erreichen. Leider
können wir nix über das innere des Tempels erzählen, da wir am Wochenende dort
waren und der Andrang der Pilger einfach zu groß war und wir nicht mehrere Stunden
Schlange stehen wollten. Aber auch ohne ins Innere gekommen zu sein,
verzauberte uns dieser magische Ort. Alle Menschen erschienen uns hier sehr glücklich
zu sein und freuten sich offensichtlich auch über uns Besucher. Wir kamen an
diesem Tag noch mehrmals hierher um den Tempel und die Menschen zu den verschiedenen
Tageszeiten zu beobachten und die friedliche Stimmung zu genießen.
die Großküche |
Die Sikhs kümmern sich sehr gut um Ihre Pilger und
Gäste und bieten neben kostenlosen Schlafplätzen auch freie Kost an. Die
Essensausgabe war ganz indisch untypisch perfekt organisiert und ist ebenfalls
ein riesen Spektakel. Man reiht sich in die Menschenmassen ein, die zur
Essensaugabe gehen und bekommt von nett lächelnden Männern einen Teller, eine Schale
und Löffel in die Handgedrückt. Weiter geht es mit der Masse vor die noch verschlossenen
Türen eines riesigen Zweistöckigen Speisesaals. Kurz wird noch gewartet bis die
vorhergegangene Masse gesättigter Menschen die Halle auf einer anderen Seite
verlassen hat. Nun geht’s hinein, in langen dicht aufeinander folgenden Reihen
setzt man sich auf langen Bambusmatten auf den Boden und stellt Teller und Schüssel
vor sich hin. Noch bevor sich der letzte hingesetzt hat wird schon durch
fleißige Helfer mit Eimern und Kellen das Essen: Dhal, Curry, Chapati,
Reispudding und Tee oder Wasser, verteilt. Sobald die ersten aufstehen und sich
die Reihen lichten, wird Wasser vor einem auf dem Boden gegossen und die
nächsten fleißigen Helfer kommen mit Abziehern um alles Verkleckerte weg zu
wischen. Wieder draußen gibt man Geschirr und Besteck wieder ab und geht an der
laut klappernden Waschküche vorbei an ein super langes Waschbecken um sich die
Hände zu waschen…und schon ist das Spektakel vorüber. Alles durchgeführt von
freiwilligen, lächelnden Helfern.
Schwertherstellung |
Wie schon gesagt wir waren begeistert vom Goldenen
Tempel und allem drum herum. Amritsar selbst guckten wir uns auch noch ein
wenig an, aber besonders speziell oder schön war es nicht. Vielleicht sollte
man noch erwähnen das es in Amritsar noch einen weiteres Touristisches
Highlight gib. Man kann Ausflüge zur nahen Indisch/Pakistanischen Grenze machen.
Dort wird jeden Tag eine Art Wettstreit durchgeführt, welches Land die Fahne
besser einholen kann oder so was in der Art. Wir verzichteten aber gerne darauf
uns dieses militärische Geprahle anzugucken.
Am nächsten Morgen ging es auch schon weiter. Wieder
einmal hatten wir ein tolles Erlebnis. Wir kauften uns zwei Zugtickets zu einer
Stadt in der wir in den Bus umsteigen wollten, der uns nach Dharamsala bringen
würde. Da die Zugfahrt nur 3 Stunden dauern sollte kauften wir uns Tickets für
die einfachste Klasse. Als unser Zug jedoch einfuhr realisierten wir, dass
unser Abteil kurz vorm auseinander Platzen was…so voll war es. Es gab mit den
großen Rucksäcken auf dem Rücken kein reinkommen. Ein Polizist der unsere verzweifelten
Gesichtsausdrücke erkannte meinte wir sollen uns in der dahinter hängenden
Schlafwagen setzten und einfach dort mitfahren, er kläre das ab. OK und das
ganze ohne Geld zu verlangen? Wir setzten uns also auf ein paar freie Betten
und warteten bis der Kontrolleur kam. Wir merkten schnell das wir nicht die
einzigen waren die hier mit dem günstigen Ticket im teureren Abteil saßen. Einen
nach den anderen warf der Kontrolleur aus dem Abteil. Wir bekamen es schon mit
der Angst zu tun aber uns fragte der Mann gar nicht erst nach den Tickets
sondern ging einfach an uns vorbei. Wir waren super erleichtert und konnten
unser Glück kaum Glauben. Jemand hatte Mitleid mit uns?!
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